Wie Schwedens Designerinnen ihre Männerbranche aufwirbeln wollen
Meist kaufen Frauen Möbel und Wohndeko – zum Großteil gestaltet von Männern. Läuft da nicht etwas falsch!?
Während der Stockholmer Designwoche im Februar zeigte eine Gruppe von Designerinnen unter dem Namen „Misschiefs“ Produkte mit einer wichtigen Botschaft: „Die ‚Misschiefs‘-Kollektion steht im Gegensatz zu dem traditionellen, strengen, zurückhaltenden und von Männern dominierten Designstil, der schwedisches Design definiert.“
Ist ein solcher Schlachtruf in einem der gleichberechtigtsten Länder der Erde notwendig? Wird die schwedische Designszene tatsächlich von Männern dominiert? Houzz hat mit den Initiatorinnen und schwedischen Gestalterinnen gesprochen über die Unterschiede zwischen männlichem und weiblichem Design und darüber, wie man in Zukunft ein besseres Gleichgewicht in der Branche erreichen kann.
Ist ein solcher Schlachtruf in einem der gleichberechtigtsten Länder der Erde notwendig? Wird die schwedische Designszene tatsächlich von Männern dominiert? Houzz hat mit den Initiatorinnen und schwedischen Gestalterinnen gesprochen über die Unterschiede zwischen männlichem und weiblichem Design und darüber, wie man in Zukunft ein besseres Gleichgewicht in der Branche erreichen kann.
Designerin Emma Marga Blanche, Foto: Kimberly Ihre
Die französisch-schwedische Designerin Emma Marga Blanche beschreibt ihr Misschiefs-Projekt so: „Ich war während des kreativen Prozesses schwanger. Das hat meine Arbeit maßgeblich beeinflusst. Ich begann mich mit Stricken zu beschäftigen, weil es seit vielen Generationen das einzige spezifische Handwerk ist, das mit Mutterschaft und Frauen im Allgemeinen verbunden wird.“
Die französisch-schwedische Designerin Emma Marga Blanche beschreibt ihr Misschiefs-Projekt so: „Ich war während des kreativen Prozesses schwanger. Das hat meine Arbeit maßgeblich beeinflusst. Ich begann mich mit Stricken zu beschäftigen, weil es seit vielen Generationen das einzige spezifische Handwerk ist, das mit Mutterschaft und Frauen im Allgemeinen verbunden wird.“
„Scream a Whisper“ Hocker, 3D-Print und verschiedenfarbige Seile. Foto: Kimberly Ihre
„Ich wollte sehen, welche Ästhetik Strick hervorbringen kann, und wie ich sie mit etwas Hartem verbinden, mit etwas Ungewöhnlichen verweben kann“, sagt Blanche. „So kam die Idee auf, einen Hocker herzustellen, etwas Stabiles, auf dem man sitzen kann, auf das sich der Körper verlassen kann. Zur gleichen Zeit nahm der Hocker Gestalt an, mein schwangerer Körper veränderte die Form, und das wiederum veränderte meine Sicht auf das Projekt.“
„Ich wollte sehen, welche Ästhetik Strick hervorbringen kann, und wie ich sie mit etwas Hartem verbinden, mit etwas Ungewöhnlichen verweben kann“, sagt Blanche. „So kam die Idee auf, einen Hocker herzustellen, etwas Stabiles, auf dem man sitzen kann, auf das sich der Körper verlassen kann. Zur gleichen Zeit nahm der Hocker Gestalt an, mein schwangerer Körper veränderte die Form, und das wiederum veränderte meine Sicht auf das Projekt.“
Sara Szyber beschreibt ihren Schrank „Death Proof“ in Presseunterlagen als „physischer Aufbewahrungskörper aus kariertem, bedrucktem Holz und kurvenreichen Beinen, der mit seinem Nutzer kommuniziert. Es geht um Ausdruck, Materialität und Widerstand in meinem Verhältnis zur heutigen Welt.“ Foto: Kimberly Ihre
„Es ist interessant, darüber nachzudenken, warum und wie einige Objektkategorien hochgradig geschlechtsspezifisch sind“, sagt Bjäringer. „Es ist an der Zeit, dass Designerinnen in diese oft männlich dominierten Designbereiche eindringen und ihren Platz einnehmen als Produzentinnen, Denkerinnen, Macherinnen und Einkäuferinnen.“
„Es ist interessant, darüber nachzudenken, warum und wie einige Objektkategorien hochgradig geschlechtsspezifisch sind“, sagt Bjäringer. „Es ist an der Zeit, dass Designerinnen in diese oft männlich dominierten Designbereiche eindringen und ihren Platz einnehmen als Produzentinnen, Denkerinnen, Macherinnen und Einkäuferinnen.“
Foto: Petra Bindel
Auch außerhalb des Misschiefs-Projekts sind viele etablierte schwedische Designerinnen davon überzeugt, dass der Markt aufgerüttelt werden musse. „Es gibt alte Strukturen und Muster im Designgeschäft, das sehr männlich dominiert ist“, sagt zum Beispiel Louise Hederström, die für viele Marken der Branche wie Offecct, Skandiform, Kasthall, Maze und David Design gearbeitet hat. „Vielleicht ist es eine Art Tunnelblick. Sie beschäftigen jemanden wie sie. Wenn es Männer im Management gibt, werden auch männliche Designer eingestellt.“
Auch außerhalb des Misschiefs-Projekts sind viele etablierte schwedische Designerinnen davon überzeugt, dass der Markt aufgerüttelt werden musse. „Es gibt alte Strukturen und Muster im Designgeschäft, das sehr männlich dominiert ist“, sagt zum Beispiel Louise Hederström, die für viele Marken der Branche wie Offecct, Skandiform, Kasthall, Maze und David Design gearbeitet hat. „Vielleicht ist es eine Art Tunnelblick. Sie beschäftigen jemanden wie sie. Wenn es Männer im Management gibt, werden auch männliche Designer eingestellt.“
Für Hederström ist nicht ein Schrank das Statussymbol Nr. 1 in der Designwelt, es ist der Stuhl. „Sobald man einen Stuhl für ein großes Unternehmen entworfen hat, am besten einen, der stapelbar ist und sich zu Tausenden verkauft, ist man als Designer akzeptiert“, sagt sie. „Als ich den Tailor Chair für Offecct (im Foto) gestaltet habe, ging es für mich erst richtig los. Es ist ein bisschen lustig, dass der Stuhl den Status einer Designikone angenommen hat. Weil, die meisten berühmten Stühle, die man kennt, von Männern entworfen wurden.“
Nina Jobs (im Bild) und Stina Sandwall zeigten ihre Möbelkollektion in der Designgalleriet während der Stockholm Design Week zum Thema „Inhale Exhale – Design, das dich entschleunigt“. Die drei Worte, mit denen Jobs aktuelles schwedisches Design verbindet: Bewusstsein, Nachhaltigkeit, Multikulturalismus.
Jobs glaubt, dass es so etwas wie männliches und weibliches Design gibt. „Man sieht das definitiv am unterschiedlichen optischen Ausdruck, aber vielleicht weniger hier in den skandinavischen Ländern als in anderen Teilen der Welt. Vielleicht ist das Skandinavische an unserem Design ein Gefühl der Gleichheit. Für viele Unternehmen ist es fast schon trendig, Designerinnen zu beauftragen, auch wenn das Unternehmen von Männern geführt wird. Was eine gute Mischung ergibt.“
Jobs glaubt, dass es so etwas wie männliches und weibliches Design gibt. „Man sieht das definitiv am unterschiedlichen optischen Ausdruck, aber vielleicht weniger hier in den skandinavischen Ländern als in anderen Teilen der Welt. Vielleicht ist das Skandinavische an unserem Design ein Gefühl der Gleichheit. Für viele Unternehmen ist es fast schon trendig, Designerinnen zu beauftragen, auch wenn das Unternehmen von Männern geführt wird. Was eine gute Mischung ergibt.“
Die Ausstellung „Inhale Exhale“ zeigte eine Reihe von Möbeln und Objekten, die sich gegenseitig ergänzen und kombinieren lassen. Alle wurden in Schweden produziert und hergestellt. Das Ausstellungsmaterial beschrieb die Sammlung als „Bücherregale, kleine Tische und Töpfe mit einer sinnlichen Bewegung, die ans Ein- und Ausatmen erinnert“.
Sandwall, die andere Designerin hinter dem „Inhale Exhale“-Projekt, sagt, dass es bestimmte Komponenten gibt, die das Design femininer machen können. „Frauen wagen es, etwas organischer in ihrem Ausdruck zu sein und arbeiten mit einer weicheren Palette und mit weicheren Dimensionen. Vielleicht, weil wir mehr zuhören.“
Sandwall glaubt, dass die Designwelt bezüglich sozialer Nachhaltigkeit, Gleichberechtigung und Multikulturalismus voranschreitet, aber dies nicht vom Himmel fällt. „Wir alle müssen dafür kämpfen. Eine Verbesserung wäre zum Beispiel, mehr weibliche Produktentwicklerinnen zu haben“, so Sandwall.
Sandwall glaubt, dass die Designwelt bezüglich sozialer Nachhaltigkeit, Gleichberechtigung und Multikulturalismus voranschreitet, aber dies nicht vom Himmel fällt. „Wir alle müssen dafür kämpfen. Eine Verbesserung wäre zum Beispiel, mehr weibliche Produktentwicklerinnen zu haben“, so Sandwall.
Bügelbrett „Cinderella“ von Anna Kraitz. Foto: Kimberly Ihre
Wenn die Misschiefs-Ausstellung ins Ausland reist, wird sie sowohl schwedische Kultur zeigen als auch einen lokalisierten Ansatz verfolgen. Ein Teil des Erlöses aus dem Verkauf des Ausstellungskatalogs und der Werke geht an eine Frauenstiftung namens „The Case for Her“.
Paola Bjäringer sagt: „Dass Misschiefs in Schweden beginnt, ist logisch, denn Schweden hat eine historische Verantwortung beim Thema Gleichberechtigung. Es gibt nicht viele Länder auf der Welt, in denen Frauen ein so große wirtschaftliche und politische Freiheit erlangt haben wie in Schweden. Aber es kann noch mehr getan werden. Selbst in Schweden müssen Frauen noch Dinge sagen, produzieren und konsumieren, die von Männern vorgegeben werden. Misschiefs wird auf den Reisen wachsen, was es zu einer mobilen Botschaft und dennoch zu einer einzigartigen Erfahrung für seine Besucher in jedem Land macht.“
Wenn die Misschiefs-Ausstellung ins Ausland reist, wird sie sowohl schwedische Kultur zeigen als auch einen lokalisierten Ansatz verfolgen. Ein Teil des Erlöses aus dem Verkauf des Ausstellungskatalogs und der Werke geht an eine Frauenstiftung namens „The Case for Her“.
Paola Bjäringer sagt: „Dass Misschiefs in Schweden beginnt, ist logisch, denn Schweden hat eine historische Verantwortung beim Thema Gleichberechtigung. Es gibt nicht viele Länder auf der Welt, in denen Frauen ein so große wirtschaftliche und politische Freiheit erlangt haben wie in Schweden. Aber es kann noch mehr getan werden. Selbst in Schweden müssen Frauen noch Dinge sagen, produzieren und konsumieren, die von Männern vorgegeben werden. Misschiefs wird auf den Reisen wachsen, was es zu einer mobilen Botschaft und dennoch zu einer einzigartigen Erfahrung für seine Besucher in jedem Land macht.“
Schrank „Francis“ von Louise Hederström für Maze, erstmals gezeigt auf Stockholm Furniture & Light Fair 2020
Hederström ist der Ansicht, dass sich bereits etwas verändert. „Wir können die Dinge durchaus ändern, aber es braucht Zeit. Der Endverbraucher in Schweden ist bei der Inneneinrichtung oft eine Frau, aber wir sehen auch immer mehr Frauen in Konferenzräumen“, sagt Hederström. „Gleichzeitig müssen wir beim Entwerfen nachhaltig denken, Recyclingprozesse und innovative Materialien einbeziehen. Hersteller und Designfirmen müssen generell neue Talente aufnehmen in stabile, diverse Unternehmensstrukturen. Wenn wir die Designwelt ein wenig aufrütteln, wird sich etwas ändern. Wie könnte das jemals falsch sein?“
Die nächste Station der Misschiefs-Ausstellung ist in Mailand vom 14. bis 21. Juni 2020.
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Hederström ist der Ansicht, dass sich bereits etwas verändert. „Wir können die Dinge durchaus ändern, aber es braucht Zeit. Der Endverbraucher in Schweden ist bei der Inneneinrichtung oft eine Frau, aber wir sehen auch immer mehr Frauen in Konferenzräumen“, sagt Hederström. „Gleichzeitig müssen wir beim Entwerfen nachhaltig denken, Recyclingprozesse und innovative Materialien einbeziehen. Hersteller und Designfirmen müssen generell neue Talente aufnehmen in stabile, diverse Unternehmensstrukturen. Wenn wir die Designwelt ein wenig aufrütteln, wird sich etwas ändern. Wie könnte das jemals falsch sein?“
Die nächste Station der Misschiefs-Ausstellung ist in Mailand vom 14. bis 21. Juni 2020.
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Paola Bjäringer ist die Kuratorin der Wanderausstellung Misschiefs (nächste Stationen sind Mailand, Marseille und Paris) mit Werken von zehn schwedischen Designerinnen und Künstlerinnen. Wie definiert sie das Schwedische im Design? Ihre Antwort: „Nützlich, sauber und nüchtern.“
Bjäringer sagt: „Sogar in geschlechtergerechten Gesellschaften wie in Schweden gäbe es mehr Raum für weibliche Kreative. Das würde sich auf die Objekte, das Produkt, die Industrie und die Konsumkultur auswirken, die sich nach neuen Vorschlägen für ein sinnvolleres Leben sehnt. Frauen sind in diesem neuen Produktionszyklus, der begonnen hat, sich aber im Geburtsmoment befindet, von zentraler Bedeutung.“
Schweden ist eine von sechs Nationen weltweit, die die wirtschaftliche Gleichstellung der Geschlechter erreicht haben, so ein Bericht der Weltbankgruppe aus dem Jahr 2019. Die anderen Länder sind Dänemark, Belgien, Frankreich, Lettland und Luxemburg.